Dienstag, Juli 25, 2006

Rückblick: Hüttentour 2003

Der Berg ruft… und wir rufen zurück!

Wagemut! Abenteuerlust! Liebe zur Natur! Diese Worte kommen mir in den Sinn, wenn ich an unsere siebenköpfige Wandertruppe denke, die fast drei Tage in den alpinen Regionen zwischen Bayern und Salzburg mit den Elementen und gewaltigen Höhen rang. Tritt um Tritt dem Abgrund nahe, todesverachtend, überwanden wir Höhenmeter um Höhenmeter, Felsen und Gipfel. Doch alles hat einen Anfang, und der Beginn dieser Geschichte, der ist in Darmstadt…

Es war 6.30 Uhr an einem Freitag Morgen. Es war noch dunkel, keine Menschenseele unterwegs. Wir warteten vor dem Office auf unseren Organisator, der uns extra noch auf Pünktlichkeit hingewiesen hat, „…damit wir noch vor Anbruch der Dunkelheit die Hütte erreichen!“ Doch er war nicht da, war nicht telefonisch erreichbar! Wo ist Udo?

Endlich kamen wir durch, unter seiner Privatnummer. „Ich dachte, wir würden uns um 7.30 Uhr treffen….!“ UDO!!!

Wir nutzten seine Verspätung, um uns bei der Bäckerei Frühstück zu holen. „Klaus, schäker’ nicht mit der Bäckers-Frau, wir wollen auch was!“ Solche Kommentare musste ich schon in aller Früh ertragen. In der Axentiv-Küche tranken wir Kaffee und überlegten uns, wie viele Runden Schnaps unser Udo wohl berappen muss.

Nachdem er endlich zu uns gestoßen war, fuhren wir gen Süden, ins schöne Bayern. Unterwegs gab es allerhand Staus, doch bald nach München konnten wir die ersten Spitzen und Gipfel sehen. Sandras Hände verkrampften sich um das Lenkrad, leise „Oih!“ und „Ah!“ brachten ihre Verzückung zum Ausdruck. Schon war der Ärger über die Sonntagsfahrer am Freitag vergessen, alle sind guter Dinge und voll motiviert, die Berge der Berchtesgadener Alpen zu erklimmen.

In Ramsau wurden die Autos am beinahe überfüllten Parkplatz abgestellt, die Rucksäcke geschultert, und noch einmal die Karte studiert. Nach kurzem Briefing marschierten wir los, durch die Wimbachklamm hinauf zum Wimbachgries, einem breiten und mächtigen Flussbett, das im Frühjahr in reißenden Strömen das Wasser der Schneeschmelze zu Tale führt. Der Weg über den losen Sand ist mühsam, und bald wurde Rast eingelegt und das erste Stamperl Kirsch probiert. Weit vor Sonnenuntergang erreichten wir dann die Wimbachgrieshütte, wo wir unser Nachtlager bezogen. Sogar vier Wiener waren einquartiert, um dann am nächsten Tag den Watzmann zu besteigen.

Nach einem erstklassigen Abendessen, das zusammen mit dem Frühstück im Übernachtungspreis inkludiert war, kam der unterhaltsame Teil. Udo führte „das wippende Zündhölzchen“ vor, Thorsten balancierte Löffel und Gabel auf einem Bierglas, ohne dass sie das Glas selbst berührten, und Lars zeigte, wie anziehend er auf Labello-Hüllen wirken kann. In der Zwischenzeit reduzierten Sandra und ich die „flüssigen Bestände“ des Hüttenwirten.

Am nächsten Morgen erwartete uns ein Frühstücks-Buffet, das auf einer Hütte seinesgleichen sucht. Nachdem Nahrung, Kraft und Motivation getankt war, machten wir uns auf, um zum Ingolstädter Haus (2132 m) zu gelangen. Wir überwanden gut 700 Höhenmeter, und das Gelände forderte uns physisch und psychisch bis zur Grenze. Ein jeder Schritt erforderte höchste Konzentration, und der ständige Blick auf die Uhr (sollten wir nicht schon die Hütte sehen?) brachte uns fast zur Verzweiflung.

Endlich, das Riemannhaus war in Sicht, und doch fast unendlich weit entfernt. Eine Stunde, doch dann waren die Qualen und die deutsch-österreichische Grenze hinter uns. Doch Tanja und Udo wollten mehr, der Hundstod war ihr erkorenes Ziel. Mit 2594 m ist er der dritthöchste Gipfel der Berchtesgadener Alpen, und im Sturmschritt machen sich die beiden auf den Weg.

Währenddessen genehmigten wir anderen uns ein gutes Bergsteigeressen, unterhielten uns mit anderen Wanderern (aus Stuttgart und aus Passau) und warteten gespannt auf Tanja und Udo.
Erholt und wieder bei Kräften machten wir uns auf die letzte Etappe, vom Ingolstädter Haus zum Riemannhaus (2177 m).

Zuerst waren wir noch guten Mutes, ging es doch leicht bergab, und auch der Weg war nicht so schwierig, wie der Abstieg vom Hundstodgatterl. Doch beim Surfen über das Steinerne Meer wurde es wieder tricky. So schön die bizarre Felslandschaft auch war, so mussten wir uns doch sehr auf den Weg konzentrieren. So entgingen uns auch die Murmeltiere und die kleine Gemse, die uns Wanderer verwundert nachschauten.

Gegen Mitte der Strecke ging es noch einmal steil bergan, auf die Alhöhe mit 2309 m. Meine Hüfte schmerzte, und alle dachten: Bald sind wir oben, bald ist es vorbei! Doch es ging noch weiter, und die vereinzelten kleinen Schneefelder zeigten uns, dass unsere Entscheidung, noch im September auf die Berge zu gehen, doch richtig war.

Nach einer kleinen Kurve war es endlich soweit: wir sehen das Riemannhaus vor uns liegen. Am Fuße einer Steilwand und mit Blick auf auf das Tal, eine tiefe und enge Schlucht hinab (deshalb werden die Österreicher wohl auch liebevoll „Schluchtenscheisser“ genannt) steht das Haus.

Es herrschte reger Betrieb, und wir setzten uns in die Stube zum Abendessen. Auch wenn der Service zu wünschen übrig ließ und wir nicht ganz so munter wie am Abend zuvor waren, so waren wir doch froh, unseren gequälten Beinen die wohlverdiente Ruhe zu gönnen. Auch die Nacht war sehr ruhig und wurde nur durch das dröhnende Schnarchen, und nicht etwa durch Geschichten über den ersten Kuss gestört.

Am nächsten Morgen erwartete uns beim Frühstück ein Schock: 6,90 € für lächerliche 2 Scheiben Brot, etwas Butter, Marmelade und Nutella, und dazu einen Kaffee. Die bissigen Kommentare, das sei halt Österreich, prallten an mir ab. Nach einem Gruppenfoto mit den Bergen im Hintergrund begannen wir mit dem Abstieg nach Saalfelden. Der Weg führte uns durch eine scheinbar unbegehbare Schneise, durch die auch die Versorgungsseilbahn lief.

Gut vier Stunden quälten wir uns wie Steinböcke (oder doch: Bergtiger) hinab, und jeder angstvolle Blick in den Abgrund wurde mit der tollen Sicht auf verschneite Gipfel belohnt. Und jeder Blick zurück rief Zweifel hervor, wie wir da je sicher heruntergekommen waren. Das letzte Stück führte durch einen Wald nach Saalfelden, wo wir uns ein Großtaxi bestellten, das uns zurück nach Deutschland nach Ramsau fuhr.

Alles in allem kann man Folgendes sagen: bis auf eine kleine Verspätung und dem Ärger bei der Anreise war es ein äußerst gelungener Wanderausflug. Selbst eine „österreichische Bergziege“ wie mich hat es sehr gefordert. Aber die gemeinsam ausgestandenen Strapazen, die Gaudi in der Hütte wie auch die eindrucksvolle Landschaft hat unsere kleine, aber feine Berggemeinschaft zu einer eisenharten Truppe zusammengeschweisst…

Dort, wo die Luft schon dünner ist


Wie jedes Jahr fand auch dieses Jahr die Hüttenwander-Tour meiner Firma statt. Nachdem ich vergangenes Jahr nicht teilgenommen habe, war es für mich wieder Zeit, Bergluft zu schnuppern und zu sehen, ob meine Oberschenkel mich noch tragen.

Und so ging es Freitag früh mit dem Auto erst mal in Richtung gute alte Heimat, nur eben etwas weiter westlich, ins schöne Zillertal. Dort traf man sich beim Parkplatz eines Alpengasthofes bei Mayrhofen und marschierte dann erst einmal gemütlich auf knapp über 2000m Höhe. Dort war unsere erste Station, die Berliner-Hütte. Schon beim Eintreten meinte man, sich in den Hallen einer Schule vor anno 200 Jahren wiederzufinden. Auch der Speisesaal erinnerte nicht an die kleinen engen und kuscheligen Stuben in den Alpenhüttten, die ich bisher kannte. Das Essen war gut, die Auswahl reichlich, und trotz der relativ kurzen Gehzeit von 3 Stunden waren wir alle müde. Und so fiel ich schon gegen 22 Uhr in tiefen Schlaf und wachte am nächsten Morgen als Erster auf.

Nach einem ordentlichen Frühstück verließen wir unsere Fast-4-Sterne-Hütte und durchquerten das Tal, um dann auf der anderen Seite unseren Gipfel zu stürmen: das Schönbichler Horn mit knapp über 3000 Metern. Die ersten zwei Stunden waren zwar anstrengend, aber sehr in Ordnung. Doch die letzten Höhenmeter unterhalb des Gipfels machten sich bei allen bemerkbar, und die Pausen zwischendurch wurden länger, genau wie unsere Atemzüge. Die dünne Luft erschwerte jeden Schritt und auch das Klettern auf den Gipfel. Schließlich erreichte ich das Gipfelkreuz, wartete oben auf die Kollegen und machte mir Gedanken über das Wetter. Denn von unten im Tal zog es dunkel herauf, und ein leichtes Grollen verhiess Gewitter. Nachdem alle oben waren und ein Gipfelfoto gemacht wurde, begann es auch prompt zu tröpfeln, und keine 150 Höhenmeter weiter unten wurde aus Regen ein unangenehmer Hagelschauer. Es prasselte kleine eisige Körner herab und es brannte nur so in Nacken, Handrücken und Ohren. Aber nach etwa zehn Minuten war es ausgestanden, und ich zog mein patschnasses Hemd aus, befestigte es am Rucksack und ließ mich dann beim Weitergehen von der Sonne und leichtem Wind trocknen.

Nach flottem Marsch bergab kam ich zum Furtschaglhaus, welches auch unsere nächste Nächtigungsstation sein sollte. Ich lehnte mich erst einmal in die Sonne und wartete auf die Kollegen. Es war ja noch recht früh am Nachmittag, dennoch verschwanden einige in ihren Betten, kaum dass sie eingecheckt hatten. Abends gab es noch was Gutes zum Essen und ein paar Schnäpse, dann fielen wir alle in koma-artigen Schlaf.

Noch vor 6 Uhr des nächsten Morgens wachte ich auf und war frisch und munter. Ich konnte es gar nicht erwarten, schnell runter ins Tal und heim zu meinem Schatz zu kommen. Nach nicht einmal zwei Stunden schafften wir es runter zum Schlegeisspeicher und erwisc

hten den Bus, der uns zu unseren Parkplätzen brachte. Nun hieß es Abschied nehmen von der Bergwelt, den sich zurückziehenden Gletschern und den bequemen Hüttenlagern.

Berg heil!